Der Gartenbausektor unternimmt in allen Bereichen nachhaltige Schritte, zum Beispiel auf den Gebieten Verpackung, Energie, Pflanzenschutz und Substrat. Doch wer alles auf einmal in Angriff nimmt, verliert schnell den Fokus. Deshalb müssen möglichst faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden: Mit welchen Veränderungen lässt sich der CO2-Fußabdruck meiner Produktion am stärksten verringern?

Raymond Scheepens

Der HortiFootprint Calculator ist dabei das geeignete Werkzeug, um fundierte Fakten zu erhalten; er berechnet den CO2-Fußabdruck ihres gesamten Geschäftsbetriebs. Raymond Scheepens von MPS erklärt, wie der HortiFootprint Calculator funktioniert: „Der Erzeugerbetrieb gibt Daten ein, die das Tool mit einer standardisierten, europäischen Berechnungsmethode verbindet, die speziell für den Gartenbau entwickelt wurde. Das Berechnungstool übersetzt dann alles in einen aussagekräftigen CO2-Fußabdruck, der es Ihnen als Produzent ermöglicht festzustellen, wo in Ihrer Kultur der Einfluss auf den Fußabdruck am größten ist. So können Sie ermitteln, an welchen Stellschrauben Sie drehen können, um den Fußabdruck zu verringern, und was Sie dabei abwägen müssen.“

Scheepens berichtet, dass MPS im Jahr 2021 ein Pilotprojekt mit einer Reihe von Unternehmen durchgeführt hat, um das Tool zu entwickeln und zu testen. „Auf der Grundlage der Ergebnisse des Pilotprojekts hat sich die große Mehrheit der daran beteiligten Unternehmen entschieden, ihren Fußabdruck weiter zu berechnen und zu verbessern. Wir haben bereits jetzt mehr als 25 Kunden, die das Tool in der Praxis einsetzen. Dadurch können wir es weiterentwickeln.“

Roel van Schie (rechts im Bild)

Standardberechnung
Geschäftsführer Roel van Schie vom Hortensienspezialisten Sjaak van Schie hat sich schon früh mit dem Rechner auseinandergesetzt: „Weil wir Marktführer im Bereich Hortensien sind, wollen wir auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit führend sein. Wir sind bereits vollständig in die MPS-Umgebung eingebunden, können also den HortiFootprint Calculator uneingeschränkt nutzen. Ich denke, es ist wichtig, eine Standardberechnung durchführen zu können, die es ermöglicht, ein Nachhaltigkeitsprofil zu visualisieren. Ich glaube, dass dieses Instrument dazu beitragen kann. Irgendwann sind die Fakten – wie nachhaltig man produziert – wichtiger als die Geschichte: Also was tut man tatsächlich?“

Effiziente Kombination von Daten
Scheepens erläutert: „Für Unternehmen, die bereits MPS-ABC zertifiziert sind, ist die Verbindung mit dem HortiFootprint Calculator einfach; etwa 70 Prozent der Daten sind in diesem Fall bereits vorhanden. Unser Partnerunternehmen LetsGrow verarbeitet die Daten in einem Dashboard zu einer Analyse-Ansicht. Auch Unternehmen, die (noch) nicht über eine MPS-ABC-Zertifizierung verfügen, können den HortiFootprint Calculator mit Daten füttern. Dies kann über ihr eigenes Erfassungssystem oder über die MPS-Registrierungsumgebung erfolgen. Der Vorteil der letzterer Option ist, dass die Daten bereits den Anforderungen des Berechnungstools entsprechen.“

Er fährt fort: „Das Erfassen der unterschiedlichen Daten kostet den Produzenten Zeit. Das gilt natürlich auch für die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung. Darum sollte sich diese Erfassung mit den Eingaben für den HortiFootprint Calculator oder für MPS-ABC möglichst weitgehend decken. Wir sind davon überzeugt, dass mit einer Kombination aus MPS-ABC und dem HortiFootprint Calculator die größte Effizienz bei der Registrierung erreicht wird. Der Rechner kann auch ein Sprungbrett für die Beantragung einer Zertifizierung sein oder umgekehrt.“

Auf Eis gelegt
Van Schie kann das bestätigen: „Wir besitzen alle möglichen Zertifikate, wie MPS-ABC, MPS-SQ, Grasp, MPS-GAP und MPS-ProductProof. Aus diesem Grund verfügen wir bereits über jede Menge Daten, die für die Modelle des HortiFootprint Calculators verwendet werden können. Wir freuen uns auch darüber, auf diese Art und Weise zu mehr Nachhaltigkeit in der Gartenbaubranche beitragen zu können, denn dieses Instrument vermittelt Wissen und Einsichten. Man kann aktuell sehen, dass einige Parteien ihren Nachhaltigkeitskurs auf Eis legen, da sie aufgrund aller Unsicherheiten, die Inflation, Nachhaltigkeitsanforderungen und hohe Energiepreise mit sich bringen, nicht wissen, wie es weitergeht. Dabei kann die Verwendung eines solchen Instruments auch mehr Sicherheit geben. Man kann daraus verlässliches Wissen und Einsichten gewinnen; damit arbeiten Sie an der Zuversicht, dass Sie als Unternehmen zukunftsfähig aufgestellt sind.“

Detailgenau
Scheepens: „Aus der Eingabe der Daten ergibt sich ein Einflussfaktor, der so genannte Impactscore: Dieser bezeichnet die CO2-Belastung pro Bereich. Für Bereiche wie Verpackung, Energie und Substrat zeigt er, wo die Auswirkungen hoch und wo sie gering sind. Diese Analyse ist ebenfalls detailliert aufgeschlüsselt. So geht daraus nicht nur hervor, wie sich beispielsweise die Verwendung eines bestimmten Substrats insgesamt auswirkt, sondern auch wie sich der Anteil der verschiedenen Rohstoffe wie Kokos, Torf oder Rinde bemerkbar macht. Auf dieser Grundlage können Sie Entscheidungen treffen, um die Umwelt-Auswirkungen zu verringern.“

Van Schie fügt hinzu: „Ich sehe den Rechner in der Tat als ein Instrument, das Informationen zur Steuerung des Betriebes liefert, denn man erfährt, welche Wege besser und welche weniger gut sind. Indem man viele Marktteilnehmer einbezieht, erhält man verlässliche Informationen, die auch für Konsumenten und die Politik eine konsistente Geschichte ergeben. In der Nachhaltigkeitsdebatte neigt die öffentliche Meinung manchmal dazu, einzelne Themen in den Vordergrund zu stellen, wie z. B. die Forderung, dass der Gartenbau weg vom Gas muss. Dabei fehlt jedoch das Wissen über die vielen Faktoren, die ebenfalls eine Rolle spielen. In solchen Gesprächen wäre es hilfreich, eine vollständige, durch Fakten untermauerte Geschichte erzählen zu können, die für jeden nachvollziehbar ist. Eine Standardberechnung, wie die des HortiFootprint Calculators, trägt dazu bei.“

Szenario-Planer
„Um die Ergebnisse des Rechners noch aufschlussreicher zu gestalten, haben wir eine sogenannte Szenario-Planungsfunktion hinzugefügt“, berichtet Scheepens. „Man gibt beispielsweise ein, dass ein Anteil Torf durch einen Anteil Rinde ersetzen werden soll. Das System zeigt dann an, wie sich dies auf die CO2-Emissionen auswirkt. Auf die gleiche Art und Weise können Sie Daten für verschiedene Szenarien, über die Sie nachdenken, eingeben und deren Auswirkungen berechnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sie mit dem HortiFootprint Calculator im Detail sehen können, wie sich Ihr aktueller CO2-Fußabdruck zusammensetzt, und anhand detaillierter Szenarien können Sie voraussagen, wie Sie diese Auswirkungen verändern können. Der Rechner ermittelt dabei präzise, was in Bezug auf die CO2-Emissionen möglich ist.“

Motivation für mehr Nachhaltigkeit
Scheepens hat festgestellt, dass die Nachfrage nach dem HortiFootprint Calculator von Seiten des Zierpflanzenbaus deutlich größer ist, als im Obst- und Gemüsesektor. „Der Obst- und Gemüsebau hat bei Neuentwicklungen oft einen Vorsprung, aber in diesem Fall ist es genau umgekehrt. Warum das so ist, können wir nicht genau sagen.“ Für Van Schie gilt in jedem Fall, dass er mit seinem Unternehmen Vorreiter sein will. „Wir finden es gut, zu diesen Entwicklungen beizutragen, denn wir sehen, dass Fortschritte auf diesem Gebiet unverzichtbar sind. Als etwas größeres Unternehmen haben wir auch die Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten Ich verstehe aber auch, wenn ein verhältnismäßig kleines Unternehmen in erster Linie die Kosten sieht. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass man als marktführendes Unternehmen auch in diesem Bereich eine führende Position einnehmen muss. Einmal entwickelt, wird dieser Standardrechner auch kleineren Betrieben dabei helfen, die Auswirkungen ihres Fußabdrucks zu veranschaulichen und herauszufinden, wie sie ihn beeinflussen können. Und er liefert Erkenntnisse, die es ermöglichen festzustellen, wie Nachhaltigkeitsmaßnahmen bezahlbar sein können, damit man durch deren Umsetzung bei seinen Kunden attraktiv bleibt.“

Zuverlässiger Standard
Ein solches Rechen-Instrument muss zuverlässig sein, so Scheepens. „Aus diesem Grund basiert der HortiFootprint Calculator auf dem europäischen Standard FloriPEFCR. Er verwendet damit eine harmonisierte Berechnungsmethode für den europäischen Gartenbau, die eine einheitliche Ökobilanz-Forschung ermöglichen soll. Wir folgen damit dem Leitfaden der Europäischen Kommission für die Entwicklung von Umweltfußabdruckregularien für Produktkategorien (PEFCR steht dabei für Product Environmental Footprint Category Rules).“

Validierung
„Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis sich dieses Instrument bei den Gartenbaubetrieben allgemein durchgesetzt hat“, prognostiziert Van Schie. „Diejenigen, die bereits jetzt daran teilnehmen, sammeln eine Menge Daten, so dass das Tool immer besser funktionieren und zuverlässiger wird.“ Laut Scheepens geht die Entwicklungsarbeit bei MPS tatsächlich weiter: „Ein nächster Schritt in der Entwicklung des HortiFootprint Calculators ist die Validierung. Das bedeutet, dass die Angaben, die Sie als Unternehmen über Ihre CO2-Leistung machen, auch von unabhängiger Seite überprüft werden wird. Mit einem solch nachweisbaren Fußabdruck können Sie glaubwürdig in die Öffentlichkeit treten, was für die Position Ihres Betriebes von Vorteil ist.“

Einflussfaktoren
Der HortiFootprint Calculator berechnet derzeit den Carbon- oder CO2-Fußabdruck, den die Produktionsleistung in einem Betrieb verursacht. Dieser Einflussfaktor ist in der Praxis am wichtigsten. Es gibt insgesamt 16 Einflusskategorien auf die Umwelt, die zusammen eine vollständige Ökobilanz, also eine Lebenszyklusanalyse (LCA) bilden. Dazu Scheepens: „Welche Kategorien hinzukommen, hängt von der Nachfrage des Marktes ab. Neben CO2 erwarten wir, dass die Umweltauswirkungen auf das Wasser, die Ökotoxizität der Produkte und das Abfließen von Düngemitteln in Gewässer und den Boden besonders wichtig sein werden. Bei anderen Kategorien, z. B. Radioaktivität, fragen wir uns, ob es genügend Nachfrage dafür geben wird, aber es kann auch sein, dass es in zehn Jahren üblich sein wird, eine komplette Ökobilanz zu erstellen. Für den Rechner ist das kein Problem, wir müssen dann nur die entsprechenden Daten implementieren und die Erfassungsdaten damit verknüpfen.“

Kein schöner Schein
Natürlich ist es gut, seinen CO2-Fußabdruck zu kennen, aber das sollte nicht das Ziel an sich sein. Scheepens: „Zunächst einmal erhalten Sie einen konkreten und fundierten Einblick in die CO2-Auswirkungen Ihrer Unternehmenstätigkeit, so dass Sie sich nicht auf Schätzungen verlassen müssen. So können Sie ermitteln, wie Sie wirklich nachhaltiger arbeiten können, indem Sie die CO2-Emissionen tatsächlich und messbar reduzieren. Außerdem lassen sich durch eine intelligente Nutzung der Analyse oft langfristig Kosten reduzieren. Sie können bereits jetzt ein Muster bei den Maßnahmen erkennen, bei denen eine mehr oder weniger hohe CO2-Reduzierung zu erwarten ist. In der Praxis sehen wir vor allem, dass die Betriebe Veränderungen beim Substrat- und Energieeinsatz vornehmen, um ihren CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Es ist ebenfalls wichtig, Verpackungen und Pflanzenschutz nachhaltiger zu gestalten, in vielen Fällen hat dies aber einen geringeren Einfluss auf die CO2-Emissionen. Der HortiFootprint Calculator liefert belastbare Daten, er eröffnet die Möglichkeit, Prioritäten zu setzen, und ist ein Instrument zur Planung konkreter Schritte.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Niederländisch am 6. Oktober 2022 auf der Website Boom-in-Business.